Stationen am Jakobsweg in der Magdeburger Börde und am Harzrand

Zuletzt geändert am 2. Dezember 2012 von Birk Karsten Ecke

Eine Route des zum Grabe des Apostels Jakobus nach Santiago der Compostela in Spanien führenden Jakobsweges verläuft von Magdeburg durch die Börde bis zum Harzrand nach Goslar und berührt unterwegs die Orte Hadmersleben, Halberstadt, Huysburg, Lüttgerode und Osterwiek. Diese Jakobspilgerroute folgt im Wesentlichen alten Kaiser- und Kaufmannsstraßen, die die alten Handelsstädte Magdeburg, Halberstadt, Goslar, Paderborn, Köln im Mittelalter miteinander verband. In der Magdeburger Börde werden u.a. bekannte Orte wie die Halberstadt, Wanzleben, Hadmersleben, Huysburg und Osterwieck von der Wegroute berührt.

Der Weg durch die Börde

Wer sich auf dem Wegabschnitt von Magdeburg nach Goslar auf Spurensuche begibt, wird Überraschendes entdecken. Hinter den Toren Magdeburgs betreten die Pilger die Magdeburger Börde. Die nächsten Etappenorte, die dort angesteuert werden sind das 15 km von Magdeburg entfernte Wanzleben mit seiner Stadtkirche St. Jacobi; danach folgt der ehem. Klosterort Hadmersleben, dessen doppeltürmige Turmfront der ehem. Benediktinerinnen-Klosterkirche St. Peter und Stephan schon von weitem in der Bördeebene erkennbar ist. Der Pilgerweg führt weiter nach Halberstadt und von dort in Richtung des traditionsreichen Klosters Huysburg.

Halberstadt

Auf dem Domhügel des Pilgerortes stehen sich heute noch wie einst im Mittelalter die Baumassen der romanischen Liebfrauenkirche aus dem 12. Jh. und des gotischen Domes St. Stephanus eindrucksvoll gegenüber. Der Dom des erstmals 814 durch Ludwig den Frommen bestätigten Bistums genießt wegen seines künstlerischen und architektonischen Ranges in der gotischen Kathedralarchitektur europäische Geltung. Der Domschatz der heute als eine der reichsten Sammlungen sakraler Kunst gilt, hat wegen seiner zahlreichen Reliquien und Kunstgegenstände viele Pilger angezogen. Zur Präsentation der Reliquien ließ Bischof Konrad eigens besondere Schaugefäße anfertigen. Ein 1387, „in medio ecclesiae“ gestifteter Jakobusaltar diente wohl zur Ausstellung des Halberstädter Schatzes. An vielen Stellen begegnen die Pilger noch heute ihrem Apostel Jakobus, der sie aufmunterte weiter zugehen. So zum Beispiel auf einem Apostelteppich um 1170, auf dem ein hl. Jakobus die Menschen mit ausdrucksvollen Augen anblickt oder im nördlichen Chor des Domes, wo eine Pfeilerfigur des Apostels in Pilgertracht steht. Auch für die Pilger wurde gut gesorgt. Dazu übergab man ein bereits bestehendes Jakobus-Hospital dem Templerorden.

Der Harz tritt ins Blickfeld

Auf alten Handelstraßen streben die heutigen Jakobpilger jetzt immer weiter dem Harz zu, den sie als bewaldeten Bergriegel langsam vor sich auftauchen sehen. Bevor sie Goslar erreichen kehren sie in dem idyllischen Städtchen Osterwieck mit mittelalterlichem Stadtkern ein, das 1999 seine 1025-Jahr-Feier beging. Die alte Kaufmannssiedelung im Nordharzvorland besaß das Stapelrecht und kann noch einen noch gut erhaltenem mittelalterlichen Stadtkern mit reichem Bestand an rund 400 Fachwerkhäuser aus verschieden Zeitepochen aufweisen. Die Häuserfassaden sind mit reichem Schnitzwerk geschmückt, das vom Fleiß und Können der Handwerker aus vergangenen Jahrhunderten zeugt. Die Pilger sehen beim Durchwandern der Stadt Wappen, Berufe, Jahreszahlen und heidnische Abwehrsymbole wie Spiralen, Zauberknoten, Pentagramme und Drudenfüße. Die Doppelturmfassade der St. Stephani-Kirche war schon immer für die Pilger und Kaufleute ein wichtiger Orientierungspunkt gewesen. Am linken Flügel des gotischen Schnitzaltars erkennt man im Apostelfries einen hl. Jakobus als Pilger sowie eine weitere Statue des Pilgerheiligen. Hinter Osterwieck ist nach Überquerung des Flüsschens Ilse die ehemalige Benedikinerinnen-Klosterkirche von Lüttgerode das nächstes Ziel, die auf einem bewaldeten Bergkegel thront und ein trauriges Schicksal erfahren hat. 1968 wurde der letzte Gottesdienst in der Kirche abgehalten. Fehlende Mittel und staatliche Gleichgültigkeit ließen das im ehemaligen Sperrebiet gelegene historische Bauwerk 1982 schließlich einstürzen. Ein 1990 gegründeter Förderkreis bemüht sich um die Rettung der noch vorhandenen Bausubstanz. Weit geht von hier oben der Blick in Land. Von hier geht es immer gerade aus auf der Landstraße nach Vienenburg. Unterwegs überschreiten die Pilger von heute fast unmerklich die Stelle, wo einst die deutsch-deutsche Grenze verlief. Bald werden sie auf dem langen Marsch quer durch Europa ihre eigenen Grenzen überschreiten. In Goslar betreten die aus der Börde kommenden Pilger die Stadt durch das im 13. Jh. erbaute Breite Tor, das um 1500 zu einer mächtigen Toranlage mit Außenzwinger, erweitert wurde. Hier atmeten sie früher auf und fühlten sich fürs Erste in Sicherheit. Die erste Bewährungsprobe für die Hitze liegt hinter ihnen. Von Goslar konnten die Pilger auf der Harzrandstraße das unwirtliche Gebirge umgehen und so nach Bad Gandesheim gelangen. Bis zum Jakobsgrab nach Santiago de Compostela sind es von hier noch rund 3000 km. Aber wie heißt doch so schön das alte chinesische Sprichwort: „Die längste Reise beginnt mit dem ersten Schritt“. Und der ist längst getan.

Bild: Die Kirche St. Jacobi im Kloster Huysburg bei Halberstadt. Bild: © 2012 by Dr. Walter Töpner.

Bild: Die Kirche St. Jacobi im Kloster Huysburg bei Halberstadt.
Bild: © 2012 by Dr. Walter Töpner.

Bild: Die Liebfrauenkirche in Halberstadt. Bild: © 2012 by Dr. Walter Töpner.

Bild: Die Liebfrauenkirche in Halberstadt.
Bild: © 2012 by Dr. Walter Töpner.

Bild: Die Kirche St. Jacobi in Goslar. Bild: © 2012 by Dr. Walter Töpner.

Bild: Die Kirche St. Jacobi in Goslar.
Bild: © 2012 by Dr. Walter Töpner.

Weiterführende Literatur:

Bild: Bucheinband.

Bild: Bucheinband.

Töpner, W.:
Wege der Jakobspilger
Band 1 – Magdeburger Börde, Harz, Solling, Sauerland, Rheinland
Paulinus Verlag, Trier
ISBN 3-7902-1316-0

Der Autor über sein Buch:
„Das von mit beschriebene Wegkonzept ist das einzige, das den Jakobweg von Deutschland bis zum Ausgangspunkt des spanischen Camino de Santiago geschlossen beschreibt.“ Dr. Walter Töpner

Kommentare sind geschlossen.