Adolf Stoecker – Eine deutsche Karriere: Dorfpfarrer, Hofprediger, Politiker und Antisemit

Zuletzt geändert am 5. Juni 2022 von Birk Karsten Ecke

Adolf Stoecker wurde am 11. Dezember 1835 in Halberstadt als zweites Kind eines Wachtmeisters und Schmiedes geboren. Er hatte drei Geschwister und wuchs in kleinbürgerlichen Verhältnissen in der Domstadt auf, konnte aber die Domschule in seiner Heimatstadt Halberstadt besuchen und das Abitur machen. Stoecker studierte danach bis1859 in Wittenberg und Berlin Theologie. Sein Studium schloss er mit dem Examen der Theologie und dem Oberlehrerexamen ab. Er arbeitete danach als Hauslehrer in Ostpreußen. 1862 unternahm er eine Reise nach Italien zum Vatikan.

Bild: Adolf Stoecker. Dieses Bild ist gemeinfrei, weil seine urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist.

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1863 wurde Stoecker Pfarrer in der kleinen Gemeinde Seggerde nordwestlich von Magdeburg. Ab diesem Jahr verfasste er auch laufend nationalistische Artikel für die NEUE EVANGELISCHE KIRCHENZEITUNG. Vier Jahre später wurde in das östlich von Magdeburg gelegene Hamersleben versetzt. 1871 ersuchte Stoecker um eine erneute Versetzung. Die Gemeinde hatte sich dem Verbot Stoeckers, eine Tanzveranstalung durchzuführen, widersetzt. Für den Pfarrer war das ein Angriff auf seine Autorität und das Abgeben seines Amtes die logische Konsequenz. Stoecker studierte danach bis 1859 in Wittenberg und Berlin Theologie. Sein Studium schloss er mit dem Examen der Theologie und dem Oberlehrerexamen ab.

Er arbeitete danach als Hauslehrer in Ostpreußen. 1862 unternahm er eine Reise nach Italien zum Vatikan. 1863 wurde Stoecker Pfarrer in der kleinen Gemeinde Seggerde nordwestlich von Magdeburg. Ab diesem Jahr verfasste er auch laufend nationalistische Artikel für die NEUE EVANGELISCHE KIRCHENZEITUNG. Vier Jahre später wurde in das östlich von Magdeburg gelegene Hamersleben versetzt. 1871 ersuchte Stoecker um eine erneute Versetzung. Die Gemeinde hatte sich dem Verbot Stoeckers, eine Tanzveranstalung durchzuführen, widersetzt. Für den Pfarrer war das ein Angriff auf seine Autorität und das Abgeben seines Amtes die logische Konsequenz.

1871 war das Jahr der Reichsgründung. Mit dem für Preußen siegreich zu Ende gebrachten Deutsch-Französischen Krieg kamen auch das Elsass und Lothringen wieder an Deutschland. Stoecker wurde in das lothringische Metz versetzt und arbeitete als Militärpfarrer. Seine französischen Mitbürger betrachtete er als Feinde Deutschlands. Durch die Texte für die NEUE EVANGELISCHE KIRCHENZEITUNG wurde man am kaiserlichen Hofe zu Berlin auf Stoecker aufmerksam. Im Oktober 1874 wurde er als Vierter Hofprediger nach Berlin berufen. Im gleichen Jahr wurde er Mitglied des Generalsynodalvorstandes der preußischen Landeskirche.

1877 gründete Stoecker die gemeinnützige BERLINER STADTMISSION – eine Einrichtung, in der Behinderte, Kranke und sozial Benachteiligte eine echte Hilfe fanden und auch heute noch finden ((Die Arbeiter lebten damals in einem unvorstellbaren Elend in den Mietskasernen der Großstädte. Arbeitsschutz gab es nicht, auch keine Sozialversicherung. Wer Invalide war und nicht arbeiten konnte, war auf Spenden seiner Mitbürger angewiesen. Berlin war nach 19871 zur Millionenstadt geworden und zog nicht nur wohlhabende Menschen an.)). Im Jahre 1878 wurde die CHRISTLICH-SOZIALE ARBEITERPARTEI – CSAP – gegründet – im Wesentlichen auf Betreiben Stoeckers. Ziel der Partei war die Bindung der Arbeiter an sich und die Entfremdung zur immer mächtiger werdenden SOZIALISTISCHEN ARBEITERPARTEI. Bei der Wahl zum Reichstag im Jahre 1878 scheiterte die CSAP allerdings.

Der wirtschaftliche Aufschwung der Günderzeit ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erlebte mit einem Börsencrash – dem so genannten Gründerkrach – im Jahre 1873 ein jähes Ende. Danach gab es eine fast zwanzigjährige Stagnationsphase. Insbesondere Handwerker und Kleinbürger sahen sich vor dem sozialen Abstieg – und allerlei Verschwörungstheorien machten die Runde. Dazu kam, dass jede Menge Kapital vernichtet wurde – auch das von Kleinsparern.

Stoecker wandte sich von der Arbeiterklasse ab und suchte sich als neue Zielgruppe die bürgerliche Mittelschicht. Diese versuchte er mit antisemitischer Propaganda an sich zu binden – ein uraltes und nicht zu erklärendes Phänomen. Die Partei wurde 1881 in CHRISTLICH SOZIALE PARTEI umbenannt und ging später in der DEUTSCHKONSERVATIVEN PARTEI – DKP – auf. Stoecker saß mit einer kurzen Unterbrechung zwischen 1879 und 1908 als Abgeordneter im Preußischen Landtag – bis 1896 für die DEUTSCHKONSERVATIVE PARTEI.

Stoecker vertrat dabei den äußersten Rechten Rand de politischen Spektrums im Deutschen Reich der Kaiserzeit. Auch beruflich kam Stoecker weiter: 1883 wurde er zum Zweiten Hofprediger ernannt. In den Jahren 1887 und 1888 legte sich Stoecker mit Reichskanzler Otto von Bismarck an, indem er gegen ihn und seine Politik intrigierte. Stoecker hatte ein gutes Verhältnis zum Kronprinzen Wilhelm – dem späteren Kaiser Wilhelm II – und versuchte ihn gegen Bismarck auszuspielen ((Der junge Wilhelm kam seinerseits mit dem alten, welterfahrenen und autoritären Bismarck nicht klar. Das selbe galt für Bismarcks Verhältnis zu Wilhelm II. Er hielt Wilhelm für unreif und unzureichend auf sein Amt als Kaiser vorbereitet. Er befürchtete zudem, dass Wilhelm Deutschland in einen sinnlosen Krieg stürzen würde – wie recht er doch damit hatte. Wilhelm sah in Bismarck eine nicht mehr zeitgemäße Person. Am 15. März 1890 kam es zum endgültigen Bruch zwischen Kaiser Wilhelm II. und Bismarck. Am 18. März 1890 verfasste Bismarck sein Abschiedsgesuch – praktisch wurde er jedoch vom Kaiser aus seinem Amt gefeuert.)).

Ab 1887 war er Herausgeber der DEUTSCHEN EVANGELISCHEN KIRCHENZEITUNG. Allerdings begann sich bei Hofe ein gewisser Missmut wegen der parallelen und vor allem politischen Aktivitäten Stoeckers zu regen. 1890 wurde er deshalb als Hofprediger abberufen. Nach der Abberufung als Hofprediger gründete Stoecker den EVANGELISCH-SOZIALEN KONGRESS – dieser war bald von Liberalen wie Friedrich Naumann oder Adolf von Harnack dominiert. Da Stoecker gar nicht liberal eingestellt war und die Liberalen vielmehr bekämpfte, verließ er 1896 den von ihm gegründeten Kongress und gründete die FREIE KIRCHLICH-SOZIALE KONFERENZ.

Adolf Stoecker und weitere Rechtskonservative verankerten 1892 der Antisemitismus im Programm der DEUTSCHKONSERVATIVEN PARTEI. Stoecker konnte nach Bismarcks Abtreten als Reichskanzler auch wieder Einfluss auf die Politik des Reiches gewinnen. Als die Sozialdemokraten bei den Reichtagswahlen 1893 trotz ihres Verbotes einen grüßen Wahlerfolg erzielten, wurden sie Stoecker bekämpft. Selbst diesmal nicht in den Reichstag gewählt, setzte er sich für die Beseitigung des Wahlrechtes ein. 1896 wurde Stoecker aus der DEUTSCHKONSERVATIVEN PARTEI ausgeschlossen. Seine Intrigen gegen Bismarck wurden ihm nun zum Verhängnis. Darüber hinaus deckte Stoecker die Skandale seines engen Freundes Wilhelm Joachim von Hammerstein, dem Herausgeber der NEUEN PREUßISCHEN ZEITUNG. Hammerstein wurden sittliche Delikte, Scheckfälschungen und persönliche Vorteilsnahme angelastet.

Nach seinem Rauswurf aus der DKP trat Stoecker erneut mit einer CHRISTLICH-SOZIALEN PARTEI an und ging enge Bindungen zu ebenfalls antisemitischen Parteien und Vereinen ein. Seine Politik hatte im wesentlichen vier Säulen:

  • Verbreitung einer nationalistischen und christlichen Heilslehre.
  • Aufhebung der Trennung von Kirche und Staat und Schaffung eines christlichen Gottesstaates.
  • Stärkung des Militärs und der kolonialen Ausweitung Deutschlands.
  • Sozialreformen durch Kaiser und Unternehmer.

Bemerkenswert ist auch, dass Stoecker der Ruf anhaftete, während seiner Hetzreden Tumulte auszulösen. Er bemühte sich daher um ein seriöses und besonnenes Auftreten, wenn er es mit einem elitären Publikum zu tun hatte. Ansonsten pflegte er einen Stil übler Hasstiraden. Zudem verstrickte sich Stoecker immer wieder in Lügen, was ihn unter seinen Abgeordnetenkollegen nicht gerade populärer machte. Stoecker kann heute als Urheber der modernen Antisemitismusbewegung gelten – die ja letztlich in den Gaskammern der Vernichtungslager des Dritten Reiches gipfelte.

Er unterzeichnete als einer der ersten die ANTISEMITENPETITION an Reichskanzler Otto von Bismarck. In der Petition wurde die Registrierung der jüdischen Bevölkerung, Berufsverbote für Juden im öffentlichen Dienst und an Schulen sowie das Verbot der Zuwanderung für Juden gefordert. Das brachte ihm zu Zeiten der Weimarer Republik und erst recht während des Dritten Reiches viel Lob ein.

Im Deutschen Reich kam es nach der Diskussion im Preußischen Abgeordnetenhaus über die ANTISEMITENPETITION übrigens erstmals nach vielen Jahrhunderten wieder zu Pogromen gegenüber den jüdischen Mitmenschen. In Neustettin in Westpommern kam es zu Gewaltakten gegen Juden. Die Synagoge wurde niedergebrannt. Da im wilhelminischen Deutschland ohnehin eine latente Judenfeindlichkeit herrschte, kam es 1883 zu mehreren Prozessen gegen Juden, denen man die Brandstiftung ihrer eigenen Synagoge anlastete.

In den kommenden Jahren wurden etwa 10.000 polnischstämmige Juden aus Deutschland ausgewiesen. Prominente wie der Arzt Rudolf Virchow oder Theodor Mommsen protestierten gegen die ANTISEMITENPETITION. Der weise Reichskanzler Bismarck ignorierte übrigens die Petition, die von einer viertelmillion Deutscher unterschrieben war ((Bismarck instrumentalisierte eine zeitlang die Antisemtismusbewegung, um die Liberalen zu schwächen.)). Adolf Stoecker verstarb am 2. Februar 1909 in Gries bei Bozen in Südtirol. Er wurde in Berlin-Kreuzberg auf dem Dreifaltigkeitskirchhof beigesetzt.

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